Es ist eine wahre Zeitreise, mit der alljährlich im beschaulichen Döllnitz das wichtigste Fest des Ortes eingeläutet wird: Kanonenschüsse donnern durch den Schkopauer Ortsteil, trommelnd ziehen in prächtige Uniformen gekleidete Männer durch die Straßen, die ihre ebenso historisch gewandetenFrauen und Kinder im Schlepptau haben. Alle paar hundert Meter machen sieHalt, laden die Kanonen von Neuem und ballern wieder so laut, dass inzwischenauch der letzte Bewohner in Döllnitz weiß, dass wieder Zeit für das Gosefest ist.
Grenze zwischen Sachsen und Preußen
„Von 1444 an verlief mitten in Döllnitz tatsächlich eine Grenzezwischen Sachsen und Preußen“, erklärt Ortschronist Bernd Sinang. Der damalige Erzbischof Günther hatte nämlich Territorien an die Sachsen verkauft. Dummerweise wechselte damit auch eine gute Hälfte von Döllnitz über Nacht die Zugehörigkeit. „Die Berliner Straße markiert noch recht gut die damalige Grenzlinie, früher gab es in diesem Bereich einen Wassergraben“, erzählt Sinang.
Trotz der Teilung ging das Leben im Ort geordnet weiter. „Schließlich gab es ja auch weiter nur eine Kircheund einen Gasthof“, wie der Ortschronist berichtet. Beide Gebäude wurden sowohl von preußischen als auchsächsischen Döllnitzern genutzt. Und doch sei es hin undwieder zu Grenzstreitigkeiten gekommen, wie Sinang sagt.Erst 1815 wuchs wieder zusammen, was zusammen gehört.
Wiener Kongress
Nach dem Wiener Kongress erhielt Preußen auch das sächsische Gebiet rund um Merseburg und damit wurde auch Döllnitz wieder eins. Um an diesen Aspekt der Geschichte zu erinnern, wird seit einigen Jahren die Tradition des Ausrufens gefeiert. In diesem Jahr waren es wieder Sinangs Enkel Tassilo und Björn die als Ausrufer durch die Straßen zogen und das Volk auf das bevorstehende Gosefest, das dann am Samstag gefeiert wurde, erinnerte: „Nehmt Eure Alte und zieht los, denn auf dem Platze ist was los“, rief etwa Björn Sinang stimmgewaltig den Einwohnern zu, die mit einer meist hochprozentigen Stärkung den Treck bereits vor ihren Häusern erwarteten.
Die Gose, die gab es dann übrigens erst Samstag zu trinken. So wurde schließlich auch die historische Abfolge gewahrt. Denn erst neun Jahre nach der überwundenenTeilung - im Jahr 1824 - hielt die Gose in Döllnitz Einzug. (mz)